Es handelte sich meistens um Nutzung von Wald und Weide. Gegen Übergriffe des Adels fanden sie Hilfe beim Landesfürsten, wie im Jahre1331. König Heinrich von Böhmen und Polen, Herzog zu Kärnten und Graf zu Tirol stellt am 4. Mai 1331 einen Schutzbrief aus und nimmt die armen Leute (das sind die Bauern) von Eppan vor Übergriffen des Adels wegen der Rossweide in Artlung in Schutz und gebietet seinem Richter in Eppan, Wolfhart von Tyerstein zu Eppan, „dass er die Gemeinschaft der Leute daselbst an unserer Statt behalte und schirme“. Die Eppaner haben ihre Anhänglichkeit an den Landesfürsten nicht nur im Jahre 1809 und in den späteren Kriegen, besonders 1914-1918 bewiesen, sie standen im Kriege des Herzogs Friedrich mit der leeren Tasche gegen den aufständischen Adel ganz auf der Seite des Herzogs.
Für diese Beweise der Treue stellte Herzog Friedrich am 24. Juli 1416 zu Meran einen Schutzbrief aus, worin er „der ganzen Gemeinde unserer Leute der Pfarre zu Eppan“ ihre Rechte, Gnaden und Freiheiten, insbesondere ihre Rechte um Holz, Weide und Premstall in Montiggl zu Berg und Tal mit folgender lesenswerten Begründung bestätigt: „haben wir, angesehen solch merklich Dienst und stete Treu, die sie uns in unsern Sachen, wann wir das an sie begehrt haben und sonderlich, dass sie uns jetzt und in dem Krieg als uns etlich unterstanden hätten von dem Land zu vertreiben als Nachfolger ihren rechten Herrn unverdrossenlich mit Leib und Gut hilflich und beiständig gewesen und getreulich bei uns belieben sind, des und alles Gutes wir ihnen und ihren Nachkommen hinfür allzeit danken und darumb von besonderen Gnaden haben wir in fürstlicher Macht für uns, unser Nachkommen alle ihre ehgenannte Rechte, Freiheitbrief und Urteil, als sie die haben, bestätigt“.
Trotz des Vigilibriefes vom Jahre 1191 gab es ständig Streit zwischen der Gemeinde Eppan und Kaltern wegen Holzrechte und Weide in Montiggl. Das Ausstecken der Waldgrenze im Montiggler Wald unter Zuhilfenahme von Fähnlein zur Zeit Heinrichs von Rottenburg vom Gandberg bis Falzigg hatte die Streitigkeiten nicht behoben. Erst im 18. Jahrhundert wurde der Waldstreit bereinigt. Grenzsteine in der Scheifelewies und die ausgehobenen Quergräben einige Hundert Meter unter dieser Wiese, die eine in der Natur feste Grenze bilden sollten, zeugen von diesem Ringen nach Recht der beiden Gemeinden. In der Berufung vom 28. November 1431 der Gemeinde Eppan an das Schiedsgericht des Landesfürsten in ihrem Gebietsstreit mit Kaltern beginnt die Urkunde: „Wir die gancze gemaine zuo Eppan, edel und unedel, reiche und arme“. Diese Urkunden bieten den untrüglichen Beweis, dass der Großraum von Eppan, der in Drittel oder auch in Gemeinden gegliedert war, mit eigenen Gerichtsanwälten oder Fraktionsvorständen, eine einzige große Marktgenossenschaft oder wirtschaftliche Einheit bildete, die ihren Ursprung in den Grenzen der Pfarre Eppan, später St. Pauls genannt hatte. Der Großteil dieser Gemeinde unterstand dem Gerichte Altenburg, heute eine Ruine auf einem Sandhügel bei Schloss Wart, während das übrige Gemeindegebiet in einer Jurisdiktionsvermischung den Gerichten Hocheppan und Neuhaus bei Terlan unterworfen war.
DIE POLITISCHE GEMEINDE EPPAN
Nach Beseitigung dieser einzigartigen rechtlichen Stellung dieser Gerichte im 19. Jahrhundert blieb deren Gebiet als eine politische Gemeinde Eppan seit 1810 bestehen, der sich die genannten Drittel oder Gemeinden Sankt Michael mit Montiggl, Girlan mit Schreckbichl und St. Pauls mit Missian und Unterrain, Berg, Gaid und Perdonig sowie Frangart, das noch 1775 zu Girlan gezählt wurde, als Fraktionen einfügten. Kirchlicher Mittelpunkt dieser Riesengemeinde war die Erzpfarre St. Pauls mit Kaplaneien seit dem 13. Jahrhundert, später Pfarreien, in den Hauptfraktionen.
RITTER- UND BAUERNSTAND
Während im Mittelalter ein eigener Kriegerstand, die Ritter, für den Schutz von Haus und Boden sorgte, wurde seit dem 15. Jahrhundert immer mehr der Schutz des Landes in die Hände des besitzenden Bauernstandes gelegt, der so zu größerer Mitverantwortung herangezogen wurde und über die Gerichte Schützenkontigente zur Verteidigung stellen musste. So werden ungefähr um 1440 die Zahl der Schützen oder „Knechte“ im Sinne von Bewaffneten vorgeschrieben, welche die einzelnen Gerichte Tirols zur Landesverteidigung zu stellen hatten. Aber es ist noch ein sehr kleines Aufgebot, das Städte und Gerichte stellen mussten. Nur wer einen eigenen Herd (Feuerstatt) besaß, war zum Wehrdienst verpflichtet. Deshalb hängt die Anzahl der wehrhaften Leute in den Etschländer Gerichten im Jahre 1460 mit den Feuerstätten oder Haushaltungen zusammen, wie im Gerichte Altenburg in Eppan, wo der Richter Ulrich Walzl in seinem Bericht über den Wehrstand 206 Mann meldet, „die zu der Wer ze prauchen wären, doch so sein der Feuerstet wol mer im Gericht, aber da sein nu vil Wytwen innen und klaine Kinder, die begerhabt sein und ain Tayl alt krank Leut und ain Tail Feuerstet ze ändern Güetern zu Zuegütern gepauen werden. Dann under 206 Mannen ist gar vil armes Volkes, das nichts vermag und über Veit nicht Zerung hetten auf ain Tag. So sind auch etwye vil darunter, der zehen oder zwelf aynen Soldner acht Tag nicht vermöchte. Sie wollen bei 25 gut Soldner stellen.“
Es werden vom Richter, der damals nicht nur Recht sprach, sondern in erster Linie für den Landesfürsten oberster Verwalter der Gemeinde war, vor allem familiäre und sozialwirtschaftliche Gründe ins Treffen geführt, um die geringe Anzahl von nur 25 Schützen zu rechtfertigen.
DAS LANDLIBELL 1511
Erst seit dem Landlibell von 1511, das Kaiser Max als Landesfürst von Tirol herausgab, betrug das Aufgebot des Landes Tirol normal 5000 bewaffnete Schützen, das entsprach der Stärke von einem Regiment Landsknechte mit 20 Fähnlein, wobei jeder Landstand, Klerus, Adel, Städte und Gerichte, eine bestimmte Anzahl Schützen stellen und besolden musste; Städte und Gerichte mussten je 10 bis 100 Mann stellen. Sie hatten auch die ganze Last des Zuzugs allein zu tragen, dagegen Adel und Prälaten sich immer mehr dieser Bürde zu entziehen versuchten, bis es dem Kanzler von Tirol, Wilhelm Bienner, einem aufrechten Tiroler (am 17. Juli 1651 zu Rattenberg enthauptet), gelang, Adel und Prälaten zu zwingen, einen Ersatzmann zu stellen, wenn ein Angehöriger dieser beiden Stände nicht persönlich ins Feld zog.
Drohte dem Lande Gefahr, wurde sie mit Kreidfeuer signalisiert. Mitten im Gerichte Altenburg in Eppan, und zwar auf dem Girlaner Gschleier, befand sich diese mit Holz und Pech immer vorbereitete Feuerstelle, von wo das Signal der Alarmstufe eins weitergegeben wurde.
Auch unterhalb von Schloss Hocheppan steht ein •Kreidturm als Signalturm, um darauf Feuer zu machen bei großer Landesgefahr. Kreid oder Kreit ist ein langobardisches Wort in der Bedeutung von rufen, signalisieren. Der Begriff ist weit verbreitet bei Flur- und Hofnamen.
AUFGEBOTE UND VORSCHRIFTEN
Für die Verpflegung musste der Landesfürst sorgen. Betrug das Aufgebot mehr als 5000 bis 20.000 Mann, wurde die Mannschaftszahl im Verhältnis zur Grundzahl berechnet, die man somit von 40 bis 400 im Höchstfalle steigern konnte. Allerdings sind in diesen Zahlen nicht alle im Gericht ansässigen wehrfähigen Männer erfasst und noch weniger die Feuerstätten oder Haushaltungen.
Vollständige Musterungsrollen sind in Tirol erst seit dem 17. Jahrhundert überliefert. Nach der Zuzugsordnung d. h. Vorschrift vom Jahre 1605 musste unser Gebiet bei einem
Mann-Aufgebot | 10.000 | 15.000 | 20.000 |
Gericht Altenburg | 69 5/8 | 104 7/16 | 139 1/4 |
Gericht Hocheppan | 4 1/2 | 6 3/4 | 9 |
Schützen stellen. Bei den normalen Aufgeboten, d. h. bis zur Wehrgleichheit vom Jahre 1802, kamen nur grund- und hausbesitzende Bürger und Bauern in Betracht, für die es Pflicht und Ehre war mitzutun. Diese Zuzugspflichtigen, die ja in größerer Anzahl vorhanden waren, als die Zuzugsordnung für ein Gericht d. h. Gemeinde vorsah, wurden mit Würfeln ausgespielt oder ausgelost, wovon im Gemeindegebiet von Eppan noch heute der Ausdruck „Leaslbuben“ und „Leaslziechen“ für Militärmusterung gebräuchlich ist. Allerdings konnten sich diese durch einen tauglichen Knecht vertreten lassen. Da die Kriegsdienstleistung von kurzer Dauer, höchstens ein Monat war, wurden sie bald abgelöst. Der ausrückende Schütze bekam von seiner Gemeinde 20 Kreuzer Verpflegsgeld pro Tag, das durch eine Kriegssteuer von den daheimgebliebenen Bürgern und Bauern aufgebracht werden musste. Nach der österreichischen Heeresreform nach 1809 wurden diese Verpflegsgelder nur noch von den Gemeinden vorgestreckt und diesen von der Landesverwaltung zurückgezahlt. Aber bereits in der „Instruction für Tyroler Landesschützen – Compagnien 1799″ sind die Gagen und Löhnungen neu geregelt und der Teuerung angepasst worden. Die Verrechnungsbeispiele sind darin auf das Gericht Altenburg in Eppan bezogen. Eine Schützenkompanie hatte demnach in der Regel aus 120 Mann zu bestehen, wobei auf 25 gemeine Mann 1 Oberoffizier und 2 Unteroffiziere kommen sollten. Da die Wahl der Ober- und Unteroffiziere ganz frei den einrollierten Schützen obliegt, wird ihnen zur Pflicht gemacht, „solche Individuen auszuwählen, welche von erprobtem Patriotismus und Rechtschaffenheit, und zugleich dem Dienste gewachsen sind, welchen sie vermöge ihrer Charge zu versehen haben.“ Die einheitliche Uniform der Scharfschützen bestand in einem hechtgrauen Rock mit grünen Kragen- und Ärmelumschlägen, grüner Weste und hechtgrauer Hose; bei der Landesmilizmannschaft oder den Karabinerschützen sind dagegen die Aufschläge rot und ebenso die Weste. Da nicht alle Landesschützen eine solche Uniform sich leisten konnten, wurde nahegelegt, dass die Scharf¬schützen grüne und die Landesmilizmannschaft oder Karabinerschützen rote Aufschläge sich durchgängig auf ihren gewöhnlichen Röcken aufsetzen lassen sollten, damit der Feind die Landesschützen als „ein verfassungsmäßig organisiertes Defensions-Corps“ respektieren müsse und keinen Vorwand mehr finde, gegen die allenfalls in Gefangenschaft geratenen Landesschützen Mißhandlungen auszuüben. Deshalb verwahrten sich immer wieder die Schützen von Eppan während der napoleonischen Zeit gegen den Anwurf, sie seien „Insurgenten“ oder Aufständische, wie sie auch immer eine kluge und verantwortungsbewusste Haltung an den Tag legten.
AUFBAU DER SCHÜTZENKOMPANIEN
Laut Artikel 3 der Instruktion vom Jahre 1799 sollte jede Tiroler Landes-Schützenkompanie folgenden Aufbau haben:
1 Hauptmann 1 Feldwebel
1 Oberleutnant 1 Büchsenmacher
1 Feldpater 8 Korporale
1 Unterleutnant 99 Gemeine
1 Fähnrich 2 Zimmerleute
1 Chyrurg 2 Spielleute
1 Fourier oder
Kompanieschreiber
Bei unterschiedlicher Kompaniestärke erhöhte oder verminderte sich die Anzahl der Oberoffiziere und Unteroffiziere dergestalt, dass jeweils auf 25 gemeine Mann immer ein Oberoffizier und zwei Unteroffiziere mehr oder weniger zu stehen kamen. Hauptmann und Kompanieschreiber mussten Führungs- und Verwaltungsqualitäten aufweisen.
ERGÖTZLICHES UND BEWÄHRUNG
In den Schießprotokollen vom Jahre 1722 an sind unterschiedlich Eintragungen von den französischen Besatzern gemacht worden, z. B. über Weinkontributionen, über Ernstes und Heiteres. In St. Pauls lagen 1809 fünf Franzosen im Quartier. Nicht nur in heiterer Ergötzung feierten die Schützen, sondern sie bildeten sich am Schießstand zu jenen Scharfschützen aus, die sich in den Jahren der Bewährung tapfer hielten.
Bekanntlich galt der Tiroler Schütze damals als nicht für einen geordneten Militärdienst geschaffen. Die am 2. Mai 1636 errichteten vier Tiroler Miliz-Regimenter erfüllten nicht die Hoffnung, so dass am 16. Juni 1786 Kaiser Josef II. sie aufhob; allerdings wurden sie unter dem Drucke des ersten Koalitionskrieges 1796 wieder eingeführt und neugeordnet, mehrmals umgetauft und umgruppiert, bis am 1. Jänner 1816 das Tiroler Jägerregiment Kaiser Franz errichtet wurde und damit die Geburtsstunde der berühmten Kaiserjägerregimenter geschlagen hatte.
500 JAHRE SCHÜTZENTRADITION
Der Begriff „Schützen“ kommt nicht von Schutz gewähren, sondern vom Worte „schießen“, mit der Büchse ein bestimmtes Ziel anpeilen und treffen. Bei dem vielseitigen Zusammenleben von Adel und selbstbewusstem Bauerntum in Eppan kann der Schießsport als Ertüchtigung dort bis ins 16. Jahrhundert zurück verfolgt werden, wie die Teilnahme von Sigmund Soll von Aichperg als Vertreter des Adels am großen Festschießen vom 22. Mai 1594 in Bozen .zeigt. Aber es brauchte noch einige Jahrzehnte bis ein eigener Schießstand erbaut wurde, der mehrfach das Missfallen der Kapuzinerpatres des nahen Klosters erregte wegen der ständigen Knallerei.
LEBENSLUST UND GASTFREUNDSCHAFT
Blenden wir kurz ab von den nüchternen Angaben und machen wir einen Gang durch die Geschichte am Schießstand von Eppan, wo heiteres Leben seit 1670 bis heute lebendig geblieben ist. So setzt gerade diese schöne und edle Betätigung eine Fülle von Leben fort, die, wie in der Vergangenheit, keine Langweile aufkommen lässt und in übermütiger Lebenslust, gepaart mit verschwenderischer Gastfreundschaft, in einem geselligen Landleben im Überetsch ausklingt, das die großen Namen des Tiroler Adels und des Bauerntums einstens vereinte. Das Scheibenschießen, das heute als ein Sport betrieben wird, hatte früher eine viel tiefere Bewandtnis und hing eng mit den Pflichten und dem Zustande der persönlichen Freiheit zusammen. Das Schützen- und Schießstandwesen in Tirol war durch landesfürstliche Ordnungen geregelt. Vor allem gehörte zu den Landesfreiheiten das Landlibell oder die Wehrordnung vom Jahre 1511, die mit den verbrieften Rechten der Landstände von 1342 und 1406 und der Baurechtsordnung von 1404 immer zu den bedeutendsten demokratischen Errungenschaften der Tiroler gezählt wurde.
Auch der Betrieb an den Schießständen war seit 1736 einheitlich für das ganze Land geregelt. Die Bürger und Bauern, die in der Landmiliz, welche 4 Regimenter bildete, zusammengefasst waren, sollten an Sonntagen exerzieren; durch allgemeine nachlässige Handhabung bewährte sich diese Landmiliz nicht, an ihre Stelle traten die „Scharf- und Scheibenschützen“, die an den Schießständen einrolliert waren und sehr früh schon einheitliche Züge aufwiesen. Das Zusammengehörigkeitsgefühl wurde noch gefördert durch eine fast einheitliche Uniformierung in den einzelnen Gerichten. Aus der Fülle der Angaben greife ich hier einige heraus, um diesen Hang zur Geselligkeit besonders hervorzuheben.